Nach Cochabamba ging es mit dem Bus nach Arequipa. Dort haben wir uns schon auf der Hinreise wohlgefühlt. In Arequipa haben wir wieder direkt das Hostal "Home sweet home" angesteuert, es gab jedoch kein einziges freies Bett mehr. Just in dem Moment, da wir uns wieder ins Taxi zurückziehen wollen, und unser Übernachtungsschicksal den wissenden Händen des Taxifahrers überlassen wollen, schaut die Nachbarsfrau des Home sweet Home aus ihrem Häuschen heraus und bietet uns Schlafmöglichkeiten an. Ohne lange zu überlegen sind wir eingezogen und haben im Endeffekt weniger gezahlt als im Home sweet Home, und im großen Einzelzimmer mit zwei schönen großen Betten vermutlich deutlich komfortabler gelebt als im Zehner-Dormitory nebenan. Die Home sweet Home Internetverbindung strahlt durch die Mauer zu uns hinüber, wir können also sogar im Internet surfen.
Nach zwei Tagen angenehmen Aufenthalts in Arequipa ging es dann über gut zwölf Stunden im nächsten Bus nach Pisco. Zu Hause! Die Stimmung in der Volunteerorganisation war wie eh und jeh sehr gut, alle Volunteers haben uns freundlich begrüßt, nach zwei Tagen waren wir wieder vollkommen integriert. Die Organisation ist in den sechs Monaten unserer Reise auf gut 80 Freiwillige angewachsen, der Direktor TBC erzählte uns von einer Zeit, in der sogar über 100 Freiwillige dagewesen sind, zur Zeit der großen Semesterferien in Nordamerika.
Die Organisation hat sich in Pisco weiter etabliert, es gibt Bestrebungen neben dem einen Schwerpunkt "Construction" die Interaktivität mit den Einwohnern von Pisco zu vertiefen, d.h. mehr Arbeit in den Kindergärten und Schulen, mehr Freizeitaktivitäten, etc..
Pisco Sin Fronteras hat ein neues Haus gemietet. Die Organisation ist in ein ehemaliges Hostal eingezogen um den Massen an Freiwilligen Herr zu werden. Wir haben also in den zwei Wochen im April nicht ein einziges Mal - im Gegensatz zu unserer Zeit dort im September in der Stadt gearbeitet - sondern waren nur mit dem Umzug beschäftigt. Nadège hat mit der Schweizerin Marion zusammen das alte Schulgebäude renoviert, Möbel geschleppt, die Wände verputzt und gestrichen und ich habe mich mit dem Freund von Marion, dem Webdesigner Mario, die neue Webseite für PSF eingerichtet. Marion und Mario reisen mit dem eigenen Auto, "Trudi", einem nach persönlichen Vorstellungen umgebauten Toyota Geländewagen, über viele Monate durch Canada, Nordamerika und jetzt Südamerika. Sie sind begeisterte Kletterer und, das kann man schon sagen, Abenteuerer. Ich habe mit dem Blogsystem "weebly" während unserer Reise sehr gute Erfahrungen gemacht, es ist so einfach zu editieren, dass ich den Verantwortlichen von PSF die Nutzung des gleichen Systems vorgeschlagen habe. "Einverstanden", und Mario hat das Design perfektioniert. Wer Interesse hat, kann ja mal eine Blick auf die neue, noch nicht ganz fertige Seite werfen:
http://psf-en.weebly.com.
In den zwei Wochen haben Mario und ich uns für mehrere Tage in dem kleinen Appartement von Pete eingenistet. Pete ist im Oktober letzten Jahres nach PSF gekommen, wir haben ihn in den Tagen seiner Ankunft kennen gelernt. Mitlerweile ist seine Frau nach Peru nachgereist, die beiden sind jetzt fest in die Organisation integriert und haben sich ein kleines Appartement in der Nähe des PSF-Hauses gemietet, wo sie ihre Ruhe haben. Das Appartement liegt direkt neben einem Internetcafé, es gibt also auch eine Internet-Flatrate. Diese Kombination aus Privatsphäre und Internetverbindung haben Mario und ich uns zur gestaltung der neuen Webseite zu Nutze gemacht.
Um die Seite mit Leben zu füllen, habe ich anschließend drei Tage lang Fotos von den derzeit laufenden Projekten gemacht und diese auf die Webseite geladen.
Am 27. April hieß es dann für uns schon wieder Abschied von PSF nehmen, zum zweiten Mal. Marion und Mario waren schon einige Tage früher in Richtung Lima aufgebrochen. Zum Abschied hat uns Eddy von PSF eine Visitenkarte mit der Anschrift eines netten und gleichzeitig für Lima recht günstigen Hostals mit auf den Weg gegeben: Die HQ-Villa in der Calle Independencia 1288 am Rande von Miraflores, dem touristischen Viertel von Lima.
Die unglückliche Busfahrt
Wir waren traurig PSF verlassen zu müssen, weil dieser Abschied gleichzeitig das Ende unserer Reise bedeutete. Das Herz hing also noch PSF hinterher und mit den Gedanken waren wir schon halb in Deutschland. Aber eine Reise ist erst dann zu Ende, wenn sie zuende ist. Eine halbe Stunde Unaufmerksamkeit reichen manchmal aus: Nadège schaut, von einer plötzlichen Unruhe erfasst, nach dem kleinen Rucksack im Ablagefach über unseren Köpfen. Er kommt ihr seltsam flach vor. Und, tatsächlich: Die gute neue EOS-Kamera mit meinem Sigma 18-200 mm Objektiv und der Mini-Laptop sind nicht mehr da. Spurlos verschwunden. Wir sind fassungslos und erstarrt vor Schreck. Unsere Schätze! Was ist passiert? Langsam dämmert uns die traurige Wahrheit: Gestohlen! Einfach über unseren Köpfen aus dem Rucksack gefischt, wir haben nichts gemerkt. Traurig aber wahr. Und es ist nichts daran zu ändern. Der Dieb oder die Diebe waren geschickt, haben Kamera und Laptop aus dem Rucksack gestohlen, und sogar meinen Hut, der mich seit Arequipa begleitet hat, wir haben nichts mitbekommen.
Die Trauer ist groß und der Schmerz macht sich wie ein ganz realer Tiefschlag in der Magengrube bemerkbar, aber wir lernen im Laufe der Tage damit umzugehen. Glück im Unglück: Wir haben alle Fotos die wir gemacht haben, und die tolle lateinamerikanische Musik, die wir während der Reise von anderen Reisenden oder Freiwilligen als mp3s in digitaler Form gesammelt haben, auf der externen Festplatte gespeichert, und die ist noch da, unten im Bus im Rucksack verstaut. Ich überzeuge mich zusammen mit dem Busfahrer an der nächsten Haltestelle davon, dass unsere Rucksäcke noch da sind, sie sind. Und mein Bauchgürtel, der die wichtigsten Dokumente wie Pass und Flugticket enthält, ist zum Glück auch nicht gestohlen worden, sondern befindet sich wohlbehalten im Rucksack. Den Rest der Busreise presse ich diesen fest umschlungen auf meine Knie, das hilft den Schmerz zu verdauen, Sinn hat es aber nun eigentlich nicht mehr.
Wir sind am Boden zerstört, es ist schwer uns in bessere Stimmung zu bringen. Das ist schon ein Tiefschlag, wenn man siebeneinhalb Monate durch alle möglichen lateinamerikanischen Länder reist, und es werden einem auf der allerletzten Busfahrt, vier Tage vor der Heimreise die wertvollsten Schätze gestohlen. Es wird uns für zukünftige Reisen eine Lehre sein: Die Reise ist erst vorbei, wenn sie vorbei ist!
Wir erreichen nach knappen vier Stunden Busfahrt Lima und lassen uns von einem Taxi zum Hostal fahren. Wir quartieren uns in Zimmer Nr. 4 ein und begeben uns in die Ruhestellung, arge Bauchschmerzen begleitet von einem fürchterlichen Durchfall zwingen mich dazu. Ob sie von einem Virus stammen oder psychosomatisch hervorgerufen werden? Wahrscheinlich beides.
Ich vertiefe mich in mein Buch. Am Abend öffnet sich die Türe zu dem Dormitory, in dem wir leben, und herein spazieren zwei alte Bekannte: Marion und Mario, die Schweizer, mit denen wir uns einige Tage vorher in Pisco angefreundet haben. Welch eine Freude, hier zu dieser schwarzen Stunde zwei bekannte Gesichter zu sehen. Die Beiden haben Probleme ihr Auto, welches aus Mexiko nach Peru verschifft wurde aus dem Zoll auszulösen, so können wir uns gegenseitig unser Schicksal schildern und uns in der Not beistehen. Geteiltes Leid ist halbes Leid.
So verbringen wir die letzten Tage in Lima, unser peruanischer Freund John kommt zu Besuch und verbringt verbringt zwei Tage mit uns, und zu fünft heilen unsere Wunden, und der verletzte Stolz ob unseres Verlustes, schon besser.
Am 02. Mai ist es dann soweit: Wir stehen morgens um fünf Uhr auf, um 5:30 Uhr bringt uns das vorher bestellte Taxi in rasendem Tempo durch Lima zum Flugplatz. Der Fahrer des Taxis rast, weil er streckenweise Verfolger hinter uns wähnt, die zu Viert in einem Auto auch mal eine Pistole zücken und Touristentaxis anhalten und diese ausrauben. Wir können die Verfolger aber abschütteln. Der Taxifahrer präsentiert uns stolz den Flughafen von Lima: "Das ist unser schöner großer Flughafen", wir murmeln ein "claro, claro, muy bien", im Vergleich zu Düsseldorf oder Frankfurt ist der Flughafen eher unscheinbar, und checken ein.
Das Gepäck ist auf dem Weg, die zwei Kilogramm Übergewicht müssen wir glücklicherweise nicht zahlen, und warten bei einer Tasse Kaffee auf den Abflug.
Dann geht es in fünf Stunden von Lima nach Caracas, von dort drei Stunden später mit Lufthansa nach Frankfurt, und nach nochmaligen fünf Stunden Aufenthalt von Frankfurt nach Düsseldorf. Ein Moment, auf den wir schon lange warten, den wir uns schyle="font-weight: bold;">Wir freuen uns auf Euch und auf unsere nächste Reise!
Marl, Germany, im Mai 2010,
Stefan y Nadège